Oberlandesgericht Hamburg
Willkommen zur virtuellen Führung durch den historischen Justizbau am Sievekingplatz!
Zum Tag des offenen Denkmals nehmen wir Sie mit auf einen Kameraüberflug und virtuellen Rundgang durch das majestätische Gerichtsgebäude und erzählen die Geschichte dieses einzigartigen Bauwerks. Aus schwindelerregender Höhe sehen Sie hier ganz neue Perspektiven auf das Justizforum. Verpassen Sie nicht den exklusiven Einblick die historischen Gerichtssäle und lesen Sie, was das Oberlandesgericht architektonisch ausmacht. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!
Das historische Bauwerk
Architektonische Beherrschung des Justizforums durch prominente Positionierung
Flächenmäßig ist das von 1907 bis 1912 errichtete Oberlandesgericht zwar das kleinste der drei Gerichtsgebäude am Sievekingplatz, dennoch beherrscht es die Gesamtanlage architektonisch durch seine zentrale Stellung zwischen dem Ziviljustizgebäude und dem Strafjustizgebäude. Gemeinsam ergeben die drei beeindruckenden, denkmalgeschützten Bauwerke das „Justizforum“ zwischen dem Hamburger Karolinenviertel und dem Park „Planten un Bloomen“.
Repräsentation von Staatsmacht und Ordnung durch Architektur
Das Oberlandesgerichtsgebäude wurde von den Hamburger Architekten Werner Lundt und Georg Kallmorgen geplant. Es ist das wohl größte Projekt ihres Büros, mit dem sie über die Hansestadt hinaus berühmt wurden. Der Bau des Oberlandesgerichts fällt in die wilhelminische Zeit, was sich in der repräsentativen Architektur widerspiegelt.
Insbesondere Gerichtsgebäude sollten im äußeren Erscheinungsbild den Macht- und Ordnungsanspruch des Staates manifestieren. Für öffentliche Gebäude wurde hingegen meist ein schlichter klassizistischer Stil gewählt. Das angrenzende zweigeschossige Oberverwaltungsgebäude lässt den Bezug auf römische Architektur auf den ersten Blick erkennen.
Eine eindrucksvolle Fassade und Säulen aus Kalkstein
Die Fassade aus Granit und Muschelkalk wird durch Säulen aus Kalksandstein geprägt. In der Mitte bilden sie eine vorgelagerte Eingangshalle, einen sogenannten Portikus. Im Giebeldreieck des Portikus steht die Inschrift: „IUS EST ARS BONI ET AEQUI“. Sie geht auf den römischen Juristen Celsus zurück, der in seiner Definition des Rechts (IUS) das Recht der Gerechtigkeit unterordnete. Bürgermeister Hermann Weber interpretierte den Sinnspruch in seiner Rede zur Eröffnung des Gebäudes folgendermaßen: „Recht ist, im harmonischen Gleichmaß, das Wahre zu finden und das Gute zu bewirken.“
Die Statuen von Arthur Bock
Eine Statue der Justitia thront auf einem Podest hinter dem Giebel des Portikus. Oft wird die Göttin der Gerechtigkeit mit Augenbinde, Waagschalen und einem Schwert dargestellt. Die Figur auf dem Oberlandesgericht scheint hingegen in die Ferne zu blicken, ihre Arme stützt sie auf Schwert und Rutenbündel. Diese Attribute verweisen auf das römische Reich, wo die Liktoren als Leibwächter höherer Amtsträger so ausgestattet waren. Wie Wächter wirken auch die zu beiden Seiten der Justitia am Fuß der Giebelseiten liegenden Sphingen. Die Skulptur der Justitia mit den beiden Sphingen ist eine Arbeit des Leipziger Bildhauers Arthur Bock (1875–1957). Er wirkte über 40 Jahre in Hamburg, war Kunstprofessor und schuf zahlreiche Skulpturen im öffentlichen Raum.
Aus seinem Atelier stammen auch die allegorischen Figuren, die die 1913 fertig gestellte „Brunnenanlage der Hansestädte“ auf dem Justizforum zierten. Vier Muschelkalk- Gruppen des Springbrunnens, der der IGA 1953 weichen musste, sind erhalten und stehen heute im Freien vor dem Gebäude. Drei Frauenplastiken bildeten als Symbol der Hansestädte Bremen, Lübeck und Hamburg die eine Figurengruppe. Die andere bestand aus drei männlichen Gestalten und verkörperte Technik, Handel und Industrie. Zwei kleinere Gruppen mit je drei Kindern schmückten den vorderen Rand des Beckens. Sie stellten Streit und Frieden dar.
Innenräume
Die Eingangshalle
Zwei Obelisken säumen die lange, breite Sandsteintreppe auf dem Halbgeschoss und wirken somit wie eine Eingangspforte. Im oberen Drittel der Obelisken sind quadratische Kupfergestelle mit vier Lampenfassungen gehängt. Durch die Eingangstür, rechts an der Pförtnerloge vorbei, gelangt man zunächst in einen breiten, schmalen Vorraum.
Eine von Säulen und dem Kuppelgewölbe geprägte Raumstruktur
Säulen aus Cottaer Sandstein ordnen diesen Raum in verschiedene Ebenen und betonen seine Höhe und Tiefe. Auf den vier größten Säulen mit fein verzierten Kapitellen ruht die große Kuppel, die mit Kassetten farbig und plastisch gearbeitet ist. In der Mitte prangt eine goldene Sonne, die von den 12 Tierkreiszeichen umrundet wird. In die vier Ecken der Kuppel sind Figuren gemalt, die mit goldener Schrift als „Weisheit“, „Klugheit“, „Milde“ und „Gerechtigkeit“ betitelt sind. Die gewölbten Decken links und rechts von der Kuppel sind mit sechseckigen, himmelblau bemalten Kassetten gestaltet.
An beiden Seiten der Eingangshalle führt eine Treppe in das erste Geschoss und verbindet sich an der Rückwand zu einem umlaufenden Säulengang. Licht fällt von Seiten des Obergeschosses in die Halle. Die großen Fenster im Umlauf des Obergeschosses an Eingangs- und Rückseite waren ursprünglich bunt, bleigefasst und mit Figuren verziert. Sie wurden im Krieg zerstört und durch mehrfarbig verglaste Fenster ersetzt. In den Ecken der Rückfront im Erdgeschoss und im Obergeschoss liegen insgesamt vier Sitzungssäle. Sie sind schlichter als der Plenarsaal, aber durchaus repräsentativ gestaltet. Die kassettierten Decken und Wandtäfelungen sind aus Eichenholz gefertigt. An die Sitzungssäle schließen sich weitere Räume an für Beratungen, Senatspräsidenten, Sekretariate und Senatskanzleien.
Plenarsaal
Ein wahres Schmuckstück ist der Plenarsaal im Obergeschoss. Die Wände sind im unteren Teil nahezu komplett aus Marmor. Der obere Teil ist mit Holzregalen als Bibliothek gestaltet. Auf der rechten Seite befindet sich ein venezianischer Kamin aus dunklem Marmor, darüber ein Bronze-Flachrelief, das einen Löwen überlebensgroß darstellt. In der einen Tatze hält er Richtbeil und Bündelstäbe, die andere ruht auf einem Gesetzbuch. Unter der symbolträchtigen, majestätischen Löwenfigur befindet sich ein großes, marmorgerahmtes Bronzeschild. Es zeigt das Wappen der vereinigten Hansestädte, das von zwei Knaben gehalten wird. Ähnliche Kinderfiguren mit Kränzen in der Hand zieren die Medaillon-Flächen der Wand. Die Ofenplatte ist das älteste Stück im gesamten Gebäude und wird auf etwa 1600 datiert. Die Szenerie illustriert das Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Ein Gemälde, das Ernst Friedrich Sieveking, den ersten Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts und seine Senatspräsidenten in Lebensgröße zeigt, hängt neben dem Eingang des Plenarsaals. Es wurde 1904 von dem Künstler Graf Leopold von Kalckreuth gemalt und befand sich ursprünglich innerhalb des Saals. Eine Marmorbüste Sievekings ist in der rechten Nische der Eingangshalle platziert.
Bibliothek
in weiteres Highlight der Führung ist die aus Eichenholz gestaltete Bibliothek – sie scheint einen auf eine Reise in die Vergangenheit mitzunehmen. Sie verfügt über 46 Leseplätze und ist, abgesehen von der Beleuchtung, noch im Originalzustand erhalten. Die Holzwendeltreppe, die auf eine niedrige Empore führt, hat gedrechselte Stäbe. Ihr Kern wurde aus und einem 5 Meter langen Stamm südamerikanischer Eiche gefertigt, auf den eine 1,5 Meter lange Spitze aufgesetzt ist.